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Ist THX im Heimkino sinnvoll?

THX ist kein Tonformat wie Dolby Digital oder DTS, sondern eine Sammlung verschiedener Normen. Ursprünglich von George Lucas ersonnen, soll es sicherstellen, dass ein Kinofilm von der Produktion bis zum Zuschauer einen einheitlichen, hohen Qualitätsstandard hat. Anders formuliert: THX sorgt dafür, dass der Zuschauer genau das hört, was der Tontechniker im Studio abgemischt hat.

Buntstiftzeichnung: Tex, das Maskottchen von THX, ein Roboter mit teilweise roter Lackierung, in der Hand eine Muh-Dose, daran angeschlossen ein Kabel mit Stecker, den er in der anderen Hand hält.
Tex, das Maskottchen von THX
Zeichnung: Bert Kößler – Tex & THX Logo © THX Ltd.

Aber ist THX denn nun im Heimkino eine sinnvolle Sache? Lohnt es sich, nur Lautsprecher und Verstärkertechnik zu kaufen, die das begehrte Siegel haben?

Nein.

Puh, was für eine pauschale Antwort. Zugegeben, das ist etwas provokant. Lass mich das genauer erklären.


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Anforderungen von THX an das Kino

THX definiert klare Anforderungen an ein Kino, damit es sich mit dem Logo schmücken darf. Hier sind einige Beispiele für diese Anforderungen:

  • Lautsprecher müssen bestimmte Grundvoraussetzungen im Frequenzgang und den Wiedergabeeigenschaften erfüllen, um das Zertifikat bekommen zu können.
  • Ähnlich verhält es sich bei AV-Receivern, die eine bestimmte Leistung bringen und bestimmte Funktionen zwingend erfüllen müssen.
  • Der Surround-Bereich muss zwingend mit Dipol-Lautsprechern ausgestattet sein.
  • Alle Kanäle müssen bei einer Trennfrequenz von 80 Hz beschnitten werden.
  • Auch das Bild muss eine bestimmte Helligkeit und Gleichmäßigkeit in der Ausleuchtung aufweisen.
  • In einem Kino dürfen Nebengeräusche, wie etwa die der Klimaanlage, einen Maximalwert nicht überschreiten.
  • Die Nachhallzeit des Raums muss sich in einem gewissen Bereich bewegen.

So ziemlich alles ist vorgeschrieben, darunter auch, dass alle Zuschauer innerhalb der Bildbreite sitzen müssen. Das sind sehr sinnvolle und zielführende Regeln. Die Frage ist: Kannst du das zuhause auch erreichen?

THX ist eine Lizenz

THX ist meistens mit einem Aufpreis verbunden. Das kommt daher, dass die Hersteller das Siegel nur draufkleben dürfen, wenn das Produkt dafür lizensiert wurde. Ja, THX ist eine Lizenz – ursprünglich hauptsächlich für Kinos gedacht – die von der Firma erworben und jährlich erneuert werden muss. Das ist teuer und wird natürlich an den Endverbraucher weiter gegeben.

Wenn du etwas mit THX-Siegel kaufst, hast du zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts völlig schlechtes erworben. Was nicht heißen soll, dass ähnliche Komponenten ohne Zertifikat nicht genauso gut oder besser sein können. Aber kann man abseits der zertifizierten Hardware auch alle anderen Anforderungen erfüllen?

Das ist nicht unbedingt nötig, da THX sich über die Jahre auch für den Heimbereich weiterentwickelt hat. Verschiedene Abwandlungen der Spezifikation, genannt „Ultra“ oder „Select“, nehmen ein wenig den Dampf aus den harten Normen, damit man zuhause auch die Chance hat, den geforderten Standard zu erreichen. Es bleibt die Frage, ob das der Sinn der Sache ist.

Dennoch bringt dir die beste Hardware nichts, wenn dein Raum hallt wie eine Garage und der Bass in den Ohren dröhnt. Solange die Aufstellung der Lautsprecher nicht perfekt ist und der Raum nicht einigermaßen sinnvoll bedämpft wurde, kann kein noch so guter Lautsprecher gegen diese Unzulänglichkeiten anspielen.

Das heißt konkret: Du kannst THX-würdige Zustände auch zuhause erreichen. Aber es ist ziemlich aufwendig und kostspielig, die einzelnen Ideen hinter der Norm in allen Belangen umzusetzen.

Als Orientierungshilfe sinnvoll

Viele Vorgaben von THX kannst du im Heimkino zumindest annähernd erreichen, ohne eine einzige zertifizierte Komponente zu besitzen. So müssen Kinos zum Beispiel einen von der Firma THX produzierten und als Teil der Lizenz bereitgestellten Equalizer einsetzen, der bestimmte Manipulationen am Ton vornimmt. Damit wird die Klangfarbe aller Lautsprecher aneinander angeglichen (Timbre Matching).

  • Heute besitzt nahezu jeder AV-Receiver ein Einmesssystem, das derartige Einstellungen ebenfalls erlaubt. So oder so ist es sinnvoll, den Klang elektronisch zu korrigieren – mit Hilfe externer DSPs sogar erheblich professioneller als mit den Mitteln eines gewöhnlichen AV-Receivers.
  • Ein Beamer lässt sich kalibrieren, um so Helligkeit und Farben an die gewünschte Norm anzupassen.
  • Hochwertige Lautsprecher mit einem entsprechenden Frequenzgang spielen auch ohne THX-Siegel gut auf.

Die akustischen Gegebenheiten des Raums und Einschränkungen in der Aufstellung der Lautsprecher werden den Ton deutlich mehr von der Norm abweichen lassen, als der Unterschied zweier qualitativ gleichwertiger Lautsprecher mit und ohne THX-Siegel ausmachen könnte. Die Lautsprecher selbst sind nämlich nur einer von vielen Faktoren für gute Klangqualität.

So gesehen ist THX für zuhause nur reine Geldmacherei. Ein großer Marketing-Gag, um ahnungslosen Kunden einen besonders hohen Qualitätsstandard vorzugaukeln, der gar nicht so besonders ist.

Im Grunde ist THX also eine gute Sache, besonders im großen Kino. Mir ist noch kein schlechtes THX-Kino untergekommen. Zuhause ist es praktisch überflüssig, denn der Sinn dieses Qualitätsstandards lautet ganz oder gar nicht. Durch die abgespeckten Anforderungen für den Heimbereich sabotiert sich die Idee aber selbst.

Die Hardware alleine genügt nicht. Würdest du ein auch nur annähernd vollwertiges THX-Heimkino einrichten wollen, dürften die Kosten dafür ins Unermessliche steigen. Wahrscheinlich würde das Vorhaben aber schon an den räumlichen Gegebenheiten scheitern.

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Fazit: THX ist zuhause nicht konsequent umsetzbar. Das wäre auch gar nicht erstrebenswert, weil Heimkinos völlig andere Probleme und Anforderungen haben, als es bei großen Kinosälen der Fall ist. Dennoch ist es eine im Ansatz gute Sache, an der man sich bei der Einrichtung seines Heimkinos orientieren kann.

Und immerhin muss man THX doch eines lassen: Sie machen die coolsten Trailer.

5 Kommentare zu „Ist THX im Heimkino sinnvoll?“

  1. Hallo Bert,

    Als Neueinsteiger im Thema Heimkino habe ich mit deiner Homepage endlich eine übersichtlichse, umfassende und für Einsteiger verständliche Informationsquelle gefunden, die viele der Fragen aus den unterschiedlichen Themengebieten beantwortet, die ich mir genau so gestellt habe!

    Tipps wie „THX im Wohnzimmer sinnvoll: nein!“ sind einfach ungemein hilfreich für Heimkino-Dummies wie mich.

    Vielen Dank für und Glückwunsch zu deiner Seite!

    1. Hallo Thomas,

      vielen Dank für das Lob und die Bestätigung, dass meine literarischen Ergüsse jemandem weiter helfen. 🙂

      Wie so vieles im Internet ist das auch nur eine Meinung (meistens meine). Ich hoffe, ich schreibe immer so, dass sich jeder seinen eigenen Reim darauf machen kann.

      Beste Grüße und viel Spaß beim Einstieg in das Thema
      Bert

  2. doch, doch, deine „Ergüsse“ helfen. Ich wollte beihnahe wegen THX die Soundbar von Teufel kaufen. Jetzt überlege ich, ob ich doch nicht was anderes holen sollte.

    Danke,
    Celal

  3. THX ist nicht „reine Geldmacherei, um ahnungslosen Kunden etwas vorzugaukeln“.

    Zunächst einmal hatte THX zum Zeitpunkt der Einführung seine Berechtigung. Dass das Zertifikat 30 Jahre später obsolet geworden ist, liegt am technischen Fortschritt und auch daran, dass Tomlinson Holman die Grundgedanken bei Audyssey weitergeführt hat.

    AVRs mit Audyssey verfügen über die von THX geforderten Schaltungen wie eine adaptive Loudness etc.

    Dass AVRs heute auf einen Referenzpegel einmessen und die Lautstärke davon ausgehend rückwärts zählen, ist auf THX zurückzuführen.

    Mit THX kamen aber nicht nur inzwischen selbstverständliche Standards, sondern auch bestimmte Funktionen.

    Wer THX-Lautsprecher, wie sie zum Beispiel noch von Teufel angeboten werden, einsetzen möchte, ist auf THX im AVR angewiesen. THX-Lautsprecher fallen unter 80 Hz mit 12 dB pro Oktave ab. Sie müssen vom AVR bei 80 mit 12 dB pro Oktave getrennt werden. Die Trennung zum Subwoofer erfolgt dann mit 24 dB pro Oktave, weil dieser ja über 80 Hz hinaus noch linear weiterspielt.

    Audyssey-Geräte trennen wie THX asymmetrisch. Es gibt aber auch Geräte, die symmetrisch trennen. Hier sollte man keine THX-Lautsprecher anschließen, da dann das Zusammenspiel mit dem Subwoofer leidet.

    Mein alter Pioneer mit THX-Logo konnte beides. Nachdem THX gestrichen wurde, trennen Pioneer-AVRs nur noch symmetrisch. Bei NAD, inzwischen mit Dirac am Start, ist es auch so.

    Wenn man Bassreflex-Lautsprecher einsetzt, ist das sogar besser (saubere Trennung, besserer Schutz vor Überlastung). Geschlossene Boxen haben einen natürlichen Schutz vor hohen Auslenkungen und harmonieren wie gesagt besser mit THX-artiger Trennung.

    1. Es streitet niemand ab, dass THX maßgeblich an der Entwicklung der heutigen Technik mitgewirkt hat und deshalb besonders in seiner Anfangszeit eine große Berechtigung hatte. Aber so ziemlich alles was du beschrieben hast lässt sich heute ohne weiteres mit Nicht-THX-Geräten bewerkstelligen – und das oft sogar noch besser. Wenn man auf einem Level ist, wo man wirklich Wert auf eine asymmetrische Trennung legt und den Unterschied vielleicht sogar hört, setzt man meist sowieso schon ein viel mächtigeres DSP ein und konfiguriert seine Anlage komplett manuell. Da ist Audyssey dann auch nicht mehr die Rettung.

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