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Serie Die Entstehung des Code Red (Teil 1 2 3 4 5 6 7)

Wie ich das Heimkino als Hobby entdeckte

Wie sollte ich hier über den Bau von Heimkinos schreiben, wenn ich nicht selbst eines umgesetzt hätte? Das Code Red ist mein kleines Kellerkino. Eine detaillierte Beschreibung der Entstehung im Sommer 2012 ist schon lange überfällig. Ein kleiner Artikel über die Hintergrundgeschichte und Umsetzung würde sicher nicht reichen. Deshalb starte ich mit diesem Artikel eine längere Serie über die Entstehung des Code Red.

Foto: Tobias Dambacher

Natürlich bin ich nicht eines Morgens aufgestanden und habe mir gesagt: „So, jetzt baue ich ein Heimkino!“ Der Wunsch nach einem eigenen Kinoraum ist über viele Jahre gewachsen. Deshalb beginne ich hier mit einem kleinen Rückblick, wie ich überhaupt dazu gekommen bin, mich mit Heimkinos auseinander zu setzen.

Der Wunsch nach einem Heimkino

Meine Leidenschaft für Heimkinos hat sich irgendwann Mitte der 90er Jahre entwickelt, als Videokassetten auf einem kleinen Röhrenfernseher nicht mehr genug waren. Zwar bin ich damit fast schon ein Späteinsteiger und kenne großartige Entwicklungen wie die LaserDisc nur vom Hörensagen, aber so richtig cool wurde es ja sowieso erst mit der DVD.

Da ich die meiste Zeit meines Lebens am Rande der Schwäbischen Alb verbracht habe, lag es nahe, technische Komponenten beim ortsansässigen Boxenbauer Nubert zu kaufen. So kam ich zu meiner ersten richtigen Stereoanlage mit CD-Player und einem ordentlichen Kassettendeck. Auf Empfehlung des Verkäufers hin war alles von Yamaha.

Das war ein riesiger Fortschritt im Vergleich zu meinem alten RFT SKR 550 Kofferradio, mit dem ich quasi meine gesamte Kindheit über durch dick und dünn gegangen bin.

Die Anfänge mit TV, VHS und Dolby Surround

Bald konnte ich auch den alten Fernseher von meinen Eltern einkassieren. Als ich da im heimischen „Kinderzimmer“ bemerkte, dass es einen gewissen Unterschied ausmacht, wenn der Ton über zwei ordentliche Lautsprecher kommt, war mein Interesse endgültig geweckt. Da gab es dieses Dolby Surround, und da kam auch Ton von hinten, wow! Das musste her.

Eine alte Robotron-Röhre

Aber dazu war zunächst ein VHS-Videorecorder mit Stereo-Ton notwendig, was zu der Zeit zwar schon nicht mehr übermäßig teuer, aber auch noch nicht selbstverständlich war. Endlich konnte ich meine allererste VHS-Kassette, Jurassic Park, über zwei vernünftige Lautsprecher anhören. Das winzige TV-Bild war mir ziemlich egal, weil ich weniger als 2 Meter davon entfernt sitzen konnte. Ich musste einfach nur den Schreibtischstuhl umdrehen, um aus meinem Zimmer ein Kino zu machen.

Schließlich konnte ich die Stereoanlage Anfang 1997 noch um einen Surround-Decoder ergänzen. Man muss bedenken, dass es als Schüler, dessen einzige Einnahmequelle sein Taschengeld, das Austragen von Wochenzeitungen und penetrantes Sammeln von Pfandflaschen in der Schule waren, immer noch Jahre dauern konnte, bis genug Geld für relativ einfache Geräte vorhanden war.

Fortan wurden alle Videokassetten mit 5.0-Sound abgespielt. Was für ein Fortschritt! Zwei ultimative Surround-Szenen dieser Zeit werden mir für immer in Erinnerung bleiben:

  1. Als Nedry im Jurassic Park attackiert wird und wieder in sein Auto steigen will, prasselt der Regen auf das Dach des Jeeps. Wow!
  2. Das Intro von Independence Day, wie die Buchstaben nach hinten weg fliegen. Wooooow!

Bald merkte ich auch, dass die Hersteller ziemlich lustige Sachen mit den Bildformaten machten. Einige gaben das Kinoformat aus, wie es sich gehört. Andere zogen alles auf 4:3 hoch oder verkauften sogar zwei Versionen des Films — so auch bei Independence Day. Den größten Abschuss aller Zeiten habe ich bei Speed gesehen, als das Flugzeug explodiert: Hier wurde der 4:3-Ausschnitt des 21:9-Bilds einfach links angesetzt und während der Explosion ruckelnd nach rechts gefahren. Darauf muss man erstmal kommen.

Eigentlich hätte mir das 4:3-Format bei dem kleinen Fernseher entgegen kommen müssen. Aber ich war schon damals ziemlich verrückt und bastelte mir eine 16:9-Maskierung aus Pappe, die ich vor die Röhre kleben konnte. Hat jetzt nicht unbedingt was gebracht, war aber cooler.

Der Umstieg auf DVD und ein größeres Bild

Mit dem Abschluss der Ausbildung und dem ersten eigenen Geld konnte ich dann nach und nach aufrüsten. Inzwischen war die DVD aus den Startlöchern raus. Die Scheiben wurden bezahlbar und die Auswahl größer.

Der Technik-„Stack“ von August 1999

Ich räumte mein Zimmer um, so dass ich am Schreibtisch sitzen konnte und dort ebenfalls die Blickrichtung zum TV hatte. So war Surround-Sound sowohl auf dem Sitzplatz vor dem Fernseher möglich, als auch am PC dahinter. Zu dieser Zeit wurden auch PC-Spiele vom Sound her interessanter.

Bald gesellte sich einer der ersten DVD-Player von Yamaha zum Videorekorder, der DVD-S795, und begrüßte mich fortan mit „Welcome to DVD World“. Damit das mit dem Sound auch hinhaute, kam ein richtiger AV-Receiver hinzu, der Yamaha RX-V630 RDS.

Weil nun der Fernseher vergleichsweise lächerlich war, schaffte ich eine der letzten Röhren an, den Sony KV-32 FX 60 D, mit schlappen 82 cm Diagonale. Das Teil konnte man nur zu zweit irgendwo hin tragen und es machte keinen Spaß. Dafür war das auch so ziemlich das coolste, was an Röhren damals produziert wurde: absolut flach, 16:9 und mit RGB-Eingang über Scart — ein besseres Bild konnte man für einen halbwegs vernünftigen Preis kaum bekommen.

Irgendwann in dieser Zeit ersetzte ich wohl auch mein selbst ausgedrucktes Dolby-Surround-Schild über der Tür durch ein richtiges Dolby-Digital-Schild aus schwarzem Kunststoff mit vergoldetem Logo. Vermutlich einer meiner ersten Internet-Käufe jemals.

Kleine Renovierung und ein erstes richtiges Kino

Das Problem mit dem Raum war, dass die Möbel etwas in die Jahr(zehnt)e gekommen waren. Das Anschrauben der Lautsprecherkabel in einem hinten geschlossenen Schrank war eine Qual. Und auch sonst war das alles nicht so der Hammer.

Also nahm ich zwei Wochen Urlaub und meine Ersparnisse und renovierte Ende 2002 das gesamte Zimmer. Die ganzen alten Möbel flogen raus und wurden durch neue Büromöbel ersetzt. An die Front kamen drei von diesen Fernseh-Tischen, die nur aus Stangen und Regalböden bestanden. Genug Platz für Kabel.

Umbau zum ersten „besseren“ Heimkino im November 2002

Das alles in Buche-Furnier. Ja, Buche war mal in. Das sah man auch an den Lautsprechern, die ich kurz zuvor aufgerüstet hatte: komplett neue Nubert-Boxen für die Front und endlich ein Subwoofer. Aus heutiger Sicht war die Farbe eine grausame Entscheidung, aber — hey, erwähnte ich schon, dass Buche mal in war?

Die Surround-Lautsprecher — 3 Stück, weil Dolby Digital EX bzw. DTS-ES gerade die modernste Entwicklung waren — standen auf einem Brett, dass etwas weiter hinten im Raum etwa 40 cm von der Decke runter hing. Das war zwar nicht ideal, aber in Anbetracht der Raumnutzung noch die beste Lösung.

Lustigerweise hatte ich sogar zweimal 5 Meter S-Video-Kabel (mit Kupplung) zu diesem Brett verlegt, um auf den Beamer vorbereitet zu sein, der dann doch nicht kommen sollte. Ich weiß nicht mehr, was mich da geritten hat. Die Kabel mussten zusammen locker 90 € gekostet haben. Naja.

Ein besserer DVD-Player musste dann auch noch her, weil ich Mehrkanal-Musik für mich entdeckt hatte und die SACD eine gute Quelle war, diese zu bekommen. Mein technisches Equipment sah dann längere Zeit in etwa so aus:

  • Lautsprecher: Nubert NuBox 360/5 an der Front, CS-330 als Center und 3 × nuWave RS-5 als Surround für ein 6.1-System
  • Subwoofer: Nubert AW-880, um die Bude einzureißen
  • AV-Receiver: Yamaha RX-V630 RDS
  • Player: Yamaha DVD-S2300
  • TV: Sony KV-32 FX 60 D

Die Bildgröße ging bei einem Sitzabstand von unter 2 Metern klar. Als Kinositze mussten zwei IKEA-Schwingsessel herhalten, die Vorgänger der heute so beliebten Poäng-Sessel. Wenn ich mal zwei Gäste hatte, konnte ich noch den Bürostuhl um die Ecke schieben.

Steuerung mit der Philips Pronto

Bis dahin hatte ich eine sehr günstige Universalfernbedienung im Einsatz. Die hatte etwa 30 Tasten, die mit 9 verschiedenen Belegungen programmiert werden konnte. Das war ja ganz nett, aber der Speicher der Fernbedienung war so unterdimensioniert, dass ich nicht mal alle Befehle meiner 5 Fernbedienungen unterbringen konnte. Keine Ahnung, was die sich dabei gedacht haben.

Philips Pronto

Eine der besten Lösungen zu dieser Zeit war die Philips Pronto SBC RU 940. Die lag zwar preislich in einer Region jenseits von Gut und Böse, bot dafür aber gigantische Möglichkeiten. Die Pronto war ein ziemlich unhandlicher Klotz mit nur 5 Hardware-Tasten und einem Touch Screen. Der reagierte für damalige Zeiten ziemlich gut, aus heutiger Sicht jedoch unterirdisch schlecht. Auch die Lesbarkeit war auf dem LCD mit verschiedenen Grauabstufungen eher bescheiden.

Aber was besseres gab es nicht und trotzdem war die Pronto das Killergerät. Mit der PC-Software konnte man darauf nahezu beliebig viele Seiten mit Tasten konfigurieren. Die einfache Variante war, vorgefertigte Buttons zu verwenden. Ich ließ es mir als grafikaffiner Nutzer aber nicht nehmen, eigene Buttons zu designen und jeden einzelnen Bildschirm individuell anzupassen.

Die wahre Stärke der Philips Pronto lag aber in der Möglichkeit, Makros mit mehreren Befehlen und Pausen exakter Dauer anzulegen. So kam mein erstes Filmstart-Makro zustande, mit dem ich wirklich nur noch einen Tastendruck benötigte, um die Kinovorstellung in Gang zu setzen. Sehr entspannend! Die zeitgesteuerte Ausführung eines Befehls war ebenfalls möglich.

Ich musste es dann natürlich gleich übertreiben. Für einige Filme legte ich Makros an, die mit dem Schließen des DVD-Laufwerks begannen und daraufhin die Vorbereitung der DVD inklusive Auswahl des DTS-Tonformats bis hin zum Pausemodus am Filmbeginn übernahmen. Ok, das war ein bisschen aufwendig — aber cool. Für die am häufigsten eingelegten Filme hat es sich beinahe gelohnt.


Dieses System hat endlos viele Filme durchgehalten und später dann zwei Umzüge überstanden. Die Bedingungen für ein Heimkino waren zwischendurch etwas schlechter und andere Interessen drängten sich in den Vordergrund. Damit trat das Heimkino von 2007 bis 2011 ziemlich in den Hintergrund.

Mit der Planung für den Hausbau hatte ich aber die Möglichkeit, einen eigenen Kinoraum im Keller vorzusehen und so den Grundstein für das Code Red zu legen. Die kreative Pause schadete so gesehen überhaupt nicht. Im Gegenteil — ich hatte genug Zeit, um Ideen zu sammeln.

1 Kommentar zu „Wie ich das Heimkino als Hobby entdeckte“

  1. Hallo Bert!

    Wie sich die Geschichten doch ähneln können 🙂

    Bei mir ging es auch mit dem Videorecorder los, zunächst auf ner Schwarz-weiß Röhre von Oma (ja, so lang ist das schon her ;-D), spätere Errungenschaft dann ein kleinerer Farbfernseher. Wieder später im Wohnzimmer über Stereoanlage auf der Buche-Schrankwand (ja, Buche war mal in), bis dann irgendwann mal ein Stereoreceiver ins Spiel kam. Abspielgerät eine PS2 (Dolby Surround – woohoo), hernach eine Xbox (Dolby Digital – doppel-woohoo) in Kombination mit einem Kenwood-5.1 Receiver und no-Name Surroundboxen (ja, das liebe Geld), bis es irgendwann mal ein guter DVD-Player von Denon wurde. Da war ich natürlich schon längst infiziert. Das ganze durchlief dann noch einige Evolutionsstufen, unter anderem mit einer Flatröhre von Toshiba, ersten LCD-Fernsehern, (besseren) Brüllwürfeln – des WAF wegen – bis ich beim heutigen dezidierten Heimkinoraum mit allem was so dazugehört angekommen bin. „The Base“ übrigens, der Vollständigkeit halber 🙂

    Bin gespannt, wie es bei Dir weiterging 🙂

    Bei mir wird es die Einrichtung sein, an der ich arbeite. Mit der Technik bin ich im Moment ziemlich zufrieden 🙂

    Viele Grüße,
    Marco

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